Die Wahrheit braucht Raum
Im vorangegangenen Blogbeitrag „Das kleine Glück mit großer Wirkung“ gewährte ich einen Einblick in meine Motivation für künstlerisches Schaffen.
Bevor ich zur Malerei kam, hatte ich keinen vorbildlichen Maler oder keine vorbildliche Malerin, zu dem oder der ich aufblickte. Schöne Bilder begegneten mir, und dafür war es für mich in Ordnung. Mein Aufschauen galt eher der Musikwelt. Die Musiker*innen, die mich mit ihren Texten trösteten und in denen ich Freude und Tanz fand, liebte ich. Es war eine ekstatische Erfahrung, die mich aus dem Alltag herausholte, und oft wünschte ich mir, ebenfalls so zu sein. Ich wollte als Musikerin Menschen berühren und bewegen. Musikalisch bin ich jedoch ganz und gar nicht, und es ergriff mich ebenfalls nicht.
Ich bin froh, dass es heute so ist und ich die Farbenwelt für mich entdeckt habe.
Die Malerei half mir, mich kennenzulernen, und ich sollte mich kennenlernen. Ich bin mir sicher, dass ich der Mensch bin, der den Boden unter den Füßen braucht. Die nicht abheben soll in eine Welt, in der Kunst ausschließlich kommerziell verwendet, benutzt und letztendlich missbraucht wird. Das existiert ebenfalls, und es sollte stets bedacht werden, wenn wir in die Kunst eintauchen. Uns sollte stets die Wahrheit vor Augen stehen, die die des/der Künstler*in ist und die uns berührt, bewegt und in ihrer Schönheit offenbart wird… und nicht die, die ihren Vorteil auf fremde Weise daraus ziehen. Damit hat echte Kunst nichts mehr zu tun. Das hat auch keinen Bezug mehr zu den Künstler*innen. Es liegt eine entstellte Energie dazwischen, die einfach nicht existieren darf.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Kunst nicht gekauft werden soll. Nein, das ist nicht meine Absicht. Kunst kann von der Person, die sich in ein Werk verliebt hat, erworben werden. Ich bin überzeugt, dass die Kunst, in die wir uns verlieben, uns die (un-)sichtbare Wahrheit eines kreativen Menschen offenbart, mit der wir uns vertraut und wohl fühlen und nach der wir vielleicht sogar gesucht haben. Sie bietet uns den anderen Raum, in den wir mit unseren Augen eintreten, in dem wir während der Betrachtung etwas sehen, das uns (mit-)fühlen lässt, um Schönheit zu erkennen. Ein Augenblick lang gefangene Schönheit. Ich würde zudem den Begriff „Herzensnahrung“ verwenden. Ernährung, die notwendig ist.
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soul of ART bei Printler |
Vor den Worten „Brotlose Kunst“ habe ich mich stets gesträubt. Kunst bringt immer Einkommen. Wer dies denkt, hat keine Kenntnis der Sprache der Kunst. Kennt nicht, was sie wirklich lebt und ist. Sie versorgt das Leben. Das Zitat, das ich vor etwa zwei Jahren verfasste, entstand aus dieser Perspektive:
„Ein hängendes KUNSTWERK ist das Herzzentrum jenes Raumes.“
Was wäre ein Raum ohne Kunstwerke ?
… ohne den künstlerischen Zugang eines Menschen?
Mein Herz schlägt ja ganz besonders für die Kinderkunst. Kinder können so leicht malen, da sie noch eng mit ihrer inneren Wahrheit verbunden sind. Aus diesem Grund gibt es in meinem Raum auch Kunst von Kindern. Es handelt sich um unvergleichliche Einzelstücke, die mein Herz bereichern. Es in mir aufleben lassen: Das habe ich für dich gemalt bzw. gebaut und dabei dir all meine Wahrheit offenbart. Das ist das bedeutendste Geschenk, das man im Leben bekommen kann: für dich, meine Wahrheit.
Und ich muss ihr dann Raum geben und sie lieben – dieser wertvollen, echten Kunst. Dieser Wahrheit!
Fühlen Sie sich gut.
Herzlich
Jutta Poppe
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Jutta Poppe, 2024 |