Bleibefreiheit
Was für ein Wort: Bleibefreiheit.
Als ich Ende August den Podcast „Hotel Matze“ mit Barbara Bleisch über die Mitte des Lebens und den Wert der Philosophie hörte, hörte ich das Wort „Bleibefreiheit“ zum ersten Mal. Das Wort „Bleibefreiheit“ nistete sich so tief in mir ein, und ich habe das Gefühl, es wolle von mir gefeiert werden. Ein Wort, das so viel bedeutete und Mitgefühl offenbarte…
Ich dachte an all die Menschen ohne Zuhause. Die sich auf der Flucht befinden oder die in fremden Ländern zu ausgegrenzten Flüchtlingen werden. Menschen, die Zuflucht brauchen und nur halbherzig oder gar ohne echtes Engagement in ein Land integriert werden. Außerdem verfolgt man die Berichterstattung darüber, wie Politiker debattieren über die Frage, in welchem Umfang Flüchtlinge aufgenommen werden sollten und können und wie viele von ihnen abzuschieben sind. Immer wenn ich diese zum Teil (un)menschlichen Debatten sehe, krampft sich mein Herz zusammen. Persönlich weigere ich mich, die Begriffe „Flüchtlinge“ und „AusländerIn“ überhaupt auszusprechen. Mein Herz hat sich da irgendwie verschlossen. In jedem Menschen sehe ich einen Menschen und nenne ihn Mitmenschen. Ja, es soll tatsächlich so einfach sein. Oder etwa?
Um ganz ehrlich zu sein, gibt es unter uns Deutschen doch viele Flüchtlinge, die ihren Wohnort gewechselt haben, weil ein Zusammenleben mit den Menschen vor Ort einfach nicht mehr möglich oder gewünscht ist. Es ist besonders zu beobachten, dass viele Menschen vom Dorf in die Stadt gingen, weil sie vor Ort keine Arbeit fanden oder sich von ihren Mitbürger*innen ausgegrenzt oder diskriminiert fühlten. Dies bleibt gegenwärtig so.
Es war bei mir z. B. ähnlich. Ich zog vom Land in die Stadt, weil ich das Gefühl hatte, meine Seele wollte sich ausdehnen. Als sehr kreative und offene Persönlichkeit stieß ich oft im ländlichen Umfeld an Grenzen, die mein Potenzial blockierten.
Ja, und so suchte ich als Deutsche in einer deutschen Großstadt Zuflucht, da meine Seele nach dieser Lebensenergie strebte, um sich zu entwickeln. Damit war ich zunächst einmal ein Flüchtling. Allerdings wird es, da ich Deutscher bin, nicht so angesehen. Sondern sie zieht in eine größere Stadt. Nein, ich bin mir bewusst, dass ich im eigentlichen Sinne ebenfalls eine Geflüchtete war, die das kleine Leben auf dem Lande nicht ertrug.
Zurück zu dem Begriff „Bleibefreiheit“. Als ich das Wort „Bleibefreiheit“ vernahm und es für mich wirken ließ, wurde mir klar, dass ich heute an einem Ort bin, an dem ich mich frei fühle und Liebe erfahre. Dort, wo meine Seele sich entwickeln kann. Als ich das Wort „Bleibefreiheit“ bewusst wahrnahm, kam es mir vor, als würde ich aufatmen. Ich empfinde große Dankbarkeit dafür, dass ich an einem Ort bin, den ich mein Zuhause nennen kann. Ich bin kein Flüchtling mehr, der nach Heimat sucht. Ich habe sie.
Ich gebe Ihnen jetzt etwas zu wissen:
Für mich ist das Wort „Bleibefreiheit“ bereits jetzt das Wort des Jahres 2024
Das Wort „Bleibefreiheit“ umfasst alles, was die Erde benötigt.
Das, was der Mensch braucht, um herzensverbunden zu bleiben.
… und aus all dem kann das Leben „friedvoll“ fließen, wenn wir als Mitmenschen die Freiräume mitfühlend bereitstellen, für diejenigen, die Zuflucht suchen, ohne Vorurteile und unabhängig von ihrer Herkunft.
Ich lade Sie, geschätzte Leser*innen, ein, das Wort „Bleibefreiheit“ in Ihr Herz zu lassen und zu spüren, es zu zelebrieren und zu beobachten, was es mit Ihnen macht.
Nun komme ich in diesem Blogbeitrag auch kurz zur Kunst, die uns allen ebenso ein Vorbild ist:
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Die Entstehung. … ich werde, um zu bleiben. Das freie Sein. Expressionismus, 2024 by Jutta Poppe |
Die Farben, die der/die Künstler*in auf der Leinwand anbringt und ausdrucksvoll zu einem Kunstwerk formt, stellen ebenfalls eine Form der Bleibefreiheit dar. Sie bieten dem/der Betrachter*in den bleibenden Freiraum, um sich in oder gar mit dem Kunstwerk wohlzufühlen.
Fühlen Sie sich gut.
Herzlich,
Jutta Poppe
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Jutta Poppe, 2024 |